Geschichte des Scherenschnitts


Die Wiege des Scherenschnitts liegt in China. Von dort kam er im 17. Jahrhundert über Indien, Java und Persien nach Europa. Dabei ist der sog. Weißschnitt wesentlich älter als der schwarze Scherenschnitt. Die Weißschnitte wurden hauptsächlich von Frauen der gehobenen Gesellschaft in Holland hergestellt, wo dieser auch heute noch heimisch ist.

 

Der Scherenschnitt ist eng verwandt mit der Grafik und eigentlich ein Vorläufer der Fotografie.  Portraits waren in allen Gesellschaftsschichten üblich, aber auch teuer.  Da hatte der Finanzminister Ludwigs XV ,Etienne de Silhouette,  eine glänzende Idee. Er ließ die Profile einfach aus Papier schneiden, was gegenüber den Ölgemälden wesentlich billiger und trotzdem sehr beeindruckend war. Daher die Bezeichnung Silhouette.

 

In der höfischen Gesellschaft des 17. Und 18. Jahrhunderts wurde der Scherenschnitt äußerst beliebt und populär.  Wir kennen viele Schriftsteller und Dichter, die auch selbst Scherenschnitte herstellten, wie z. B. Philip Otto Runge, Ernst Moritz Arndt und sogar Goethe. Der Schweizer Johann Caspar Lavater wurde berühmt für seine physiognomischen Studien, d. h. er wollte beweisen, daß jedes Gesicht einen bestimmten Charakter des Menschen verrät. Und dabei kam ihm der Schattenriß oder die Silhouette sehr zu Hilfe.

Besonders berühmt, aber auch ein wenig berüchtigt wurde der Scherenschnitt in der Biedermeierzeit. Durch allzu süßliche Darstellungen bekam er den besagten biederen Beigeschmack. Und seitdem ist er vor allem in Deutschland durch die rasante Entwicklung der Fotografie immer mehr in Vergessenheit geraten. In der Schweiz z. B. gibt es auch heute noch viele Scherenschneider, die allerdings in der Hauptsache sehr traditionelle Schnitte  meist aus dem bäuerlichen und ländlichen Leben erzeugen.

 

Erst in jüngster Zeit erinnert man sich wieder mehr an den Scherenschnitt  und ich persönlich möchte vor allem von diesem sog. Biedermeier-Image ganz bewußt abrücken. Dafür habe ich meinen eigenen Stil entwickelt, der zeigt, daß eigentlich auch Modernes und vor allem Witzig-Ironisches dargestellt werden kann. Ich arbeite in einem Phantastischen Realismus, d. h. meine Bilder sind vorwiegend gegenständlich, aber trotzdem phantastisch. Photorealismus hingegen liegt mir nicht und Abstraktes finde ich im Scherenschnitt nicht gut darstellbar. Was mich an dieser Technik vor allem fasziniert, ist das Absolute – entweder Schwarz oder Weiß. Man muß sich auf das Wesentliche und Charakteristische konzentrieren, da man trotz großer Möglichkeiten doch auch an Grenzen stößt, so vor allem bei perspektivischen Darstellungen. Korrekturen sind nur durch Reduzierung, also Wegschneiden, möglich.  Alles, was einmal weggeschnitten ist, ist unwiederbringlich dahin, mogeln gibt es nicht – und jedes Bild ist ein Unikat, das in einem Stück geschnitten ist.

Schneiden kann man entweder mit der Schere oder mit dem Messer. Ich bevorzuge das Messer, was auch im Ursprungsland China meist verwendet wird. Die Messer dort sind sehr einfach, während man bei uns gute Grafikermesser verwendet.

 

Ich hoffe, daß ich Ihnen hiermit die Technik des Scherenschnitts etwas nahe gebracht habe und bin gerne zu weiteren Auskünften bereit.  Bei meinen Bildern lasse ich mich von der Umgebung und besonderen psychischen Eindrücken inspirieren. Ich beobachte gerne Menschen und versuche gewisse Lebenslagen wiederzugeben.

 


 

 

 

Barbara Ihle

 

Scheren-

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